Die Menge an Wachstumshormon (Human Growth Hormone, HGH) im Körper ist ein komplexes Thema, das von vielen Faktoren abhängt. Es gibt sowohl natürliche Schwankungen als auch therapeutische Anwendungen, die berücksichtigt werden müssen. Im Folgenden finden Sie eine ausführliche Erklärung der physiologischen Basis, Messmethoden, klinischen Bedeutung und insbesondere einen umfassenden Leitfaden für den Einsatz von HGH bei Kindern.
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Physiologische Grundlagen des Wachstumshormons
1 Was ist Wachstumshormon?
Wachstumshormon ist ein Peptidhormon, das von der Hypophyse (Hirnanhangdrüse) produziert wird. Es spielt eine zentrale Rolle bei der Regulation des Wachstums, des Stoffwechsels und der Zellteilung. HGH wirkt direkt auf Knochen, Muskeln, Fettgewebe und die Leber, indem es die Produktion von Insulin-ähnlichem Wachstumsfaktor 1 (IGF-1) anregt.
2 Endogene Freisetzung
Die natürliche Ausschüttung von Wachstumshormon erfolgt in pulsierender Form. Kurzzeitspitzen treten vor allem nachts auf, insbesondere während des Tiefschlafs. Die Häufigkeit und Höhe dieser Spitzen sind bei jedem Menschen unterschiedlich und hängen von Alter, Geschlecht, körperlicher Aktivität, Ernährung und Stresslevel ab.
Parameter Typische Werte (pg/ml)
Erwachsene 0,1 – 10 (variabel)
Kinder (6–12 Jahre) 5 – 20
Jugendliche (13–18 Jahre) 2 – 15
Säuglinge (<1 Jahr) 20 – 60
Die Werte sind im Blutserum gemessen. Ein einzelner Messwert sagt wenig aus, da HGH stark schwankt. Deshalb werden oft mittlere Tageswerte oder die Gesamtsumme der Spitzen über mehrere Tage erfasst.
3 Einflussfaktoren
Schlaf: Die größte Ausschüttung findet in den ersten Schlafphasen statt.
Ernährung: Proteinreiche Mahlzeiten, niedriger Blutzucker und ausreichende Zink- sowie Magnesiumzufuhr unterstützen die Produktion.
Stress: Hohe Cortisolwerte hemmen die HGH-Ausschüttung.
Messmethoden und Interpretation
1 Bluttests
Die Standardmethode ist ein Serumtest mit Immunoassays (ELISA, radioimmunologischer Nachweis). Aufgrund der Pulsbildung werden häufig mehrere Proben innerhalb eines Tages entnommen.
Praktische Tipps:
Zeitpunkt: Morgens kurz nach dem Aufwachen oder im Schlaf.
Vorbereitung: Fasten nicht zwingend nötig, aber Ruhe vor dem Test ist wichtig.
Interpretation: Ein durchschnittlicher Wert von <1,5 pg/ml bei Kindern kann ein Hinweis auf HGH-Mangel sein.
2 IGF-1 als indirekter Marker
IGF-1 wird kontinuierlich produziert und spiegelt die Gesamtschwankungen des HGH wider. Messung von IGF-1 ist oft zuverlässiger für diagnostische Zwecke, besonders bei Kindern.
Normwerte: Je nach Altersgruppe variieren sie stark; z. B. 120–250 ng/ml bei 6-jährigen Kindern.
Korrelation: Niedrige IGF-1-Werte gehen meist mit niedrigem HGH einher, jedoch gibt es Ausnahmen (z. B. GH-Resistenz).
3 Provokationstests
Um die Hypophyse auf ihre Fähigkeit zur HGH-Ausschüttung zu prüfen, werden Provokationsmittel wie Insulin (für einen hypoglykämischen Test) oder Somatostatinantagonisten eingesetzt.
Durchführung: Nach dem Medikament wird HGH in 30-min-Abständen gemessen.
Interpretation: Ein Anstieg >10 pg/ml gilt als ausreichend; bei Kindern ist ein Anstieg von mindestens 5 pg/ml oft akzeptabel.
Klinische Bedeutung und Therapie
1 Wachstumsstörungen
Bei Kindern mit vermutetem HGH-Mangel kann eine lebenslange Therapie erforderlich sein, um die normale Körpergröße zu erreichen.
Indikationen:
Kleine Körpergröße: Unterhalb der 5. Percentil bei 2 Jahren.
Verzögerte Knochenalterung: Im Vergleich zum chronologischen Alter.
Niedriger IGF-1-Wert: <20 % des Alterspektrums.
2 Dosierung und Verabreichung
HGH wird subkutan injiziert, meist einmal täglich oder dreimal pro Woche. Die Dosis richtet sich nach Körpergewicht und klinischer Indikation.
Kinder (0–12 Jahre): 0,03 – 0,05 U/kg/Tag
Jugendliche: 0,04 – 0,06 U/kg/Tag
Die Therapie beginnt meist im Alter von 2 bis 4 Jahren und kann bis zum Abschluss des Wachstums (etwa 15–18 Jahre) fortgesetzt werden.
3 Nebenwirkungen
Ödeme
Gelenkschmerzen
Hyperglykämie
Akromegalie bei Überdosierung (selten bei Kindern)
Eine regelmäßige Kontrolle von IGF-1 und HbA1c ist daher unerlässlich.
Provokationstest: Insulin-Hypoglykämie-Test oder Clonidin.
2 Schritt 2 – Therapieplan erstellen
Dosis bestimmen: Basierend auf Gewicht, IGF-1-Werten.
Injektionsfrequenz festlegen: Täglich oder mehrmals pro Woche.
Begleittherapien: Ergänzende Vitamine (Vitamin D, Calcium), ggf. Nahrungsergänzungsmittel zur Unterstützung des Knochenwachstums.
3 Schritt 3 – Monitoring
Parameter Häufigkeit
Körpergröße & Gewicht Alle 6 Monate
IGF-1 Alle 3–6 Monate
HbA1c Alle 6 Monate (bei Diabetesrisiko)
Nebenwirkungen Bei jeder Konsultation
4 Schritt 4 – Anpassung der Therapie
Erhöhung: Wenn Wachstum <50 % des Zielwertes und IGF-1 niedrig.
Reduktion: Bei Überdosierungssymptomen oder zu hohen IGF-1-Werten (>300 ng/ml).
Stopp: Nach Abschluss des Knochenwachstums (bei 18–20 Jahren) oder bei unerwarteten Nebenwirkungen.
5 Schritt 5 – Psychosoziale Aspekte
Kinder und Jugendliche mit Wachstumsstörungen können psychische Belastungen erfahren:
Selbstbildprobleme
Schulstress
Familienbelastung
Eine enge Zusammenarbeit mit Pädiatern, Endokrinologen, Psychologen und einer sozialpädagogischen Betreuung ist empfehlenswert.
Wichtige Hinweise für Eltern und Betreuer
Regelmäßige Arztbesuche: Nicht vernachlässigen, selbst wenn das Wachstum stabil scheint.
Richtige Anwendung: Verwenden Sie sterile Spritzen, wechseln Sie die Injektionsstelle täglich.
Ernährung: Ausgewogene Ernährung mit ausreichender Proteinzufuhr (1,5 g/kg Körpergewicht).
Schlafgewohnheiten: 9–11 Stunden Schlaf pro Nacht fördern die natürliche HGH-Ausschüttung.
Sport: Leichtes bis moderates Training (z. B. Schwimmen, Radfahren) kann das Wachstum positiv beeinflussen.
Fazit
Die Menge an Wachstumshormon im Körper ist dynamisch und stark individuell geprägt. Bei Kindern spielt HGH eine entscheidende Rolle für die Entwicklung von Größe und Knochenstruktur. Eine genaue Diagnostik mittels IGF-1-Messung, Provokationstests und regelmäßiger klinischer Kontrolle bildet das Fundament einer erfolgreichen Therapie. Durch sorgfältige Dosierung, kontinuierliches Monitoring und psychosoziale Unterstützung lässt sich bei vielen Kindern ein gesundes Wachstum erreichen – ohne dass die lebenswichtigen Nebenwirkungen außer Kontrolle geraten.